Almluft & Ziegenduft
Almluft und Ziegenduft – das ist der Titel eines Angebots, bei dem Urlauber bei Sennerin Helga Hager im Almgebiet der Nockeralmen im hintersten Valsertal für ein paar Tage Almluft (mit Ziegenduft) schnuppern können. Ich war an einem Wochenende dabei und konnte mich selbst davon überzeugen, dass es einfach gut tut, einmal nur die Natur in der Nase zu haben.
Schon bei der Begrüßung durch Helga auf ihrer Alm war mir klar, dass das bevorstehende Wochenende für alle TeilnehmerInnen ein besonderes Erlebnis werden wird. Helga war nämlich nicht allein, sondern umringt von ihrer Ziegenherde: wunderschöne Geißen der seltenen Tauernschecken-Rasse mit ausgefallenen Namen, die zum Genuss-Menschen Helga passen: Espresso, Cappuccino, Melange, und so weiter. Im Laufe der nächsten Tage werden wir noch erfahren, dass Ziegen eigenwillige Persönlichkeiten sind und nicht immer das tun, was die Sennerin von ihnen möchte. Aber dazu später mehr….
Der erste Almtag beinhaltet eine gemütliche Wanderung mit Helgas Ziegen zu einem etwas höher gelegenen Bergmahd. Auf dem Weg dorthin erzählt uns Helga von den vielen Aufgaben, die auf einer Alm anfallen: “Mein Tag beginnt sehr früh, meist schon um halb fünf. Zuerst geht es in den Stall und danach gönn ich mir eine Almdusche, die nicht gerade luxuriös ist, aber sehr erfrischend. Dann gibt’s ein ausgiebiges Frühstück mit einem guten Kaffee.” Das passt natürlich zu den Ziegennamen, denke ich mir und erfahre dann noch, dass Helga auch von guten Weinen viel versteht. Im Winter arbeitet sie nämlich in einem 5-Sterne Hotel in den Kitzbüheler Alpen als Sommelière und von ihren Weinkenntnissen werden wir noch an den gemütlichen Abenden auf ihrer Alm profitieren.
Zurück zur Ziegenwanderung: die Ziegen wollen nicht immer dahin, wohin sie sollen. Aber Helga ist sehr streng und erlaubt keine Ausflüge in den geschützten Wald des Natura2000 Gebietes. Wir marschieren Richtung Zeisch-Wasserfall und verlassen nach ca. 30 Minuten den Forstweg und zweigen auf einen schmaleren Steig ab, der uns in die Idylle des “Ocherlochs” führt, einem Bergmahd, das ca. 200 Höhenmeter oberhalb der Alm liegt. Hier bringt Helga mithilfe vieler HelferInnen, die sich jedes Jahr zu Grundkursen in der Schule der Alm anmelden, das Winterfutter für ihre Ziegen ein. Im Stadl, der mitten auf der Wiese steht, wird das Heu gelagert und im Winter mit Schlitten, so genannten “Reisln”, beim “Heuziehen” ins Tal gebracht. Diese Arbeit ist nicht ungefährlich. Helga meint, dass es wirtschaftlich gesehen unrentabel sei. Aber die wertvollen Inhaltsstoffe der Bergkräuter sind in ihren Augen Medizin für die Geißen und allein dafür lohnt sich der Aufwand.
Bei der Mittagsrast verteilt Helga die mitgebrachte Jause: Gugelhupf, Bauernbrot, Ziegenwurst und Ziegenkäse sind die Spezialitäten, von ihr selbst oder ihrer Familie produziert. “Regionalität ist mir besonders wichtig,” verrät uns die Sennerin, die weithin bekannt ist für ihren ausgezeichneten Ziegenkäse und Mitglied bei den Genussspechten Wipptal ist. Am Nachmittag wandern wir zurück zur Alm und dürfen noch ein bisschen bei der Käseproduktion zuschauen, ehe wir uns auf der sonnigen Almterrasse bei einer hausgemachten Kräuterlimonade von den Strapazen der Wanderung erholen. Einfach talauswärts schauen und die Ruhe genießen – die traumhafte Lage von Helgas Alm verzaubert alle TeilnehmerInnen. Anschließend entführt uns Kräuterfachfrau Elli in die Almwiesen rund um Helgas Alm. Wir erfahren allerhand Wissenswertes über Bergkräuter, ihre Heilkraft und Verwendung in der regionalen Küche.
Am frühen Abend dürfen Interessierte Helga in den Stall begleiten, um sich beim Ziegenmelken zu versuchen. “Ziegenduft” ist nicht jedermanns Sache – und trotzdem wollen alle mal probieren, inklusive mir.
Nach getaner Stallarbeit wird uns von Helgas Schwester Margit ein feines Abendessen serviert. Das Highlight ist der mit Fichtenwipfelhonig und Bergkräutern garnierte Ziegenfrischkäse, den wir als Vorspeise mit einem guten Glas Weißwein genießen. Ein schöner Tag geht zu Ende und es wurden schon viele Freundschaften geschlossen. In den Bergen lässt es sich einfach gut reden und auf der Alm sind alle gleich per Du. Alle freuen sich auf den nächsten Tag, an dem eine geführte Wanderung zur Hochalm auf dem Programm steht. Müde und zufrieden steigen wir die 10 Minuten ins Tal ab und warten auf unseren Transfer, der uns zurück ins Bergsteigerdorf St. Jodok in unsere Unterkunft bringt.
Auch am zweiten Tag haben wir wieder Prachtwetter und die ca. 2-stündige geführte Wanderung auf die Hochalm Zeisch ist zwar mit ca. 600 Höhenmetern nicht ganz ohne, aber doch für alle gut zu schaffen. Das Panorama, das uns oben geboten wird, entschädigt allemal für die Strapazen des Aufstiegs. Und Almhirte Erich heißt uns mit einem Enzianschnaps herzlich willkommen. Zu Mittag wird ein einfaches Almgericht serviert: Kasnocken aus der Pfanne. Niemand denkt an die vielen Kalorien, denn hier oben schmeckt es einfach viel zu gut. Wer möchte, kann noch ein Stück weiter wandern und die zahlreichen Stein-Kunstwerke bewundern, die Erich im Laufe der letzten Jahrzehnte hier aufgebaut hat. Zum Abschied gibt Erich noch ein Peitschen-Konzert, bevor wir zum Abstieg aufbrechen. Zurück auf Helgas Alm werden wir müden Wanderer mit einem ausgezeichneten Drei-Gang-Menü verwöhnt, das Helga und Margit zubereitet haben. Der Abend klingt recht heiter aus, bei ein paar Gläsern Wein lassen wir die schönen Tage Revue passieren und sind uns einig: auch wenn es nur ein Wochenende war, dieser Kurzurlaub war für alle etwas ganz Besonderes.
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Und für alle, die im Rahmen der Schule der Alm die Tätigkeiten auf einer Alm (z.B. Sensenmähen) erlernen möchten, empfehle ich, an einem Grundkurs teilzunehmen: Grundkurs Schule der Alm